Die amerikanische Mission von Professor Geouffre de La Pradelle (1914-1917)


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Die Verletzung der Neutralität der belgischen und luxemburgischen Staaten, der von Deutschland in den ersten Augusttagen 1914 begangen wird, hat stark dazu beigetragen, eine Darstellung des Konflikts zu formen, in dem Frankreich und seine Verbündeten es leicht hatten, sich als tugendhafte Verfechter des von der deutschen Barbarei bedrohten Rechts darzustellen. Diese Verletzung hatte aber auch den paradoxen Effekt, die neutralen Länder, die sich als solche eben weigerten, in Konflikt militärisch einzutretten, in dessen Mittelpunkt zu rücken. Den Status der Neutralität, den die zwei Staaten genießen, ins durch völkerrechtliche Verträge anerkannt und geschützt, die Deutschland selbst ratifiziert hat. Die Missachtung dieser Verträge seitens des Bundeskanzlers Bethmann-Hollweg, der sie als bloße „Papierlappen“ ansah, stellte eine radikale Infragestellung des Völkerrechts – der damals in seinen Anfängen ist – sowie des Rechts in seiner Gesamtheit dar. Darüber hinaus stellen sich dieses Agieren und diese Worte als eine große politische Fehler heraus, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Meinung der nicht kriegführenden Staaten haben. Schon im Sommer 1914 wird parallel zu den Militäroperationen, zwischen den beiden Kriegsparteien eine Art Propaganda-Wettkampf um den Einfluss in den neutralen Ländern geführt. Dabei wird Deutschland nicht müde, seine Aggression gegen Belgien und Luxemburg zu rechtfertigen, während seine Gegner ihrerseits intensivdaran arbeiteten, ihr Gegner als eine Nation darzustellen, die nur durch den Rausch der Gewalt regiert wird und definitiv nicht in der Lage ist, ihre rechtlichen und moralischen Verpflichtungen einzuhalten.

In diesen intellektuellen Kampf stürzt sich bereits im August 1914 der Pariser Professor Albert Geouffre de La Pradelle. In vieler Hinsicht ist er sehr qualifiziert für die Rolle, die er zu spielen berufen war. Dass er aber in den ersten Tagen des Monats September 1914 den Weg der Columbia University in New York nimmt, verdankt er sicherlich einer Kombination von Zufällen, Gelegenheiten und Notwendigkeiten. Nachdem er schnell seine Fähigkeit beweist, die heikle Kunst der Propaganda im Stillen zu praktizieren, die dem französischen Botschafter Jean-Jules Jusserand lieb und teuer war, setzt der Professor de La Pradelle seine Aktion in den Vereinigten Staaten fort, bis das Land in den Krieg eintritt.

Eine improvisierte Mission

Am Vorabend des Kriegs sind die französisch-amerikanischen Universitätsbeziehungen noch sehr jung. Sie waren durch die Gründung des comité France-Amérique im Jahr 1895 etwas gestärkt worden und entsprachen auf der Seite Frankreichs einen regelrechten Interesse, das daher kam, dass man sich der Anziehungskraft, die die deutschen Universitäten auf die amerikanische Universitätselite ausübte, sehr bewusst war. Zum Zeitpunkt der Gründung des comité France-Amérique stellte Professor Furber fest, dass über 200 amerikanischen Studenten an der Berliner Universität immatrikuliert waren, gegen circa dreißig an der Pariser Universität. Damals wird die geringere attraktivität der französischen Universitäten für amerikanischen Studenten den zu starren administrativen Regelungen zugeschrieben. Man ist sich wohl über die Konsequenzen einer solchen Asymmetrie mit dem deutschen Universitätsbetrieb bewusst. Der Bericht vom Professor Furber darüber hatte seine französischen Kollegen sehr beeindruckt : „Die jungen Gelehrten, die in zunehmender Zahl Deutschland besuchen, beeinflussen bereits die amerikanische Meinung. Berlin wird zunehmend als die wissenschaftliche Hauptstadt der Welt wahrgenommen. In manchen Kreisen der amerikanischen Gesellschaft gibt es Anzeichen eines gewissen Kultus für Germanien ; es gibt eine Begeisterung für das germanische Denken, indem sich unbewusst die hohe Wertschätzung der deutschen Bildungskultur mit den politischen Bestrebungen Deutschlands vereinigen. Es sind solche Ursachen, die oft nationale Sympathien und Antipathien hervorrufen. Amerikaner, die in Europa studieren, werden die neuen Generationen ausbilden, und die Sympathien der amerikanischen Nation werden von diesen Studenten geleitet.“

Auch wenn am Vorabend des Konflikts die Pariser Universität, mit 84 amerikanische Studenten (72 davon allein für die Fakultät für Geisteswissenschaften, aber nur 5 nur für die juristische Fakultät), bessergestellt ist als 1895, so erinnern sich die Mitglieder der Universität wahrscheinlich, in diesem Sommer 1914, an die Warnung von diesen amerikanischen Kollegen zwei Jahrzehnte zuvor. Als sich Anfang August 1914 mit der Mobilisierung herausstellt, daß der Professors der Philosophischen Fakultät Paul Hazard nicht wie vorgesehen den französischen Lehrstuhl an der Columbia-Universität für das Jahr 1914/1915 besetzen kann, muss unbedingt einen anderen Pariser Professor gefunden werden, der die französische Lehre in diese angesehene amerikanische Institution vermitteln kann. Ferdinand Larnaude, der Dekan der juristischen Fakultät, ist fest entschlossen, die Institution, für die er verantwortlich ist, in dem Konflikt eine aktive intellektuelle Rolle zu geben, und beeilt sich, der ihm von seinem romanistischen Kollegen Gaston May unterbreiteten Idee nachzukommen. Er macht daher dem Rektor Liard den Vorschlag, Albert Geouffre de La Pradelle zu beautragen, der ihn im Kontext der veränderten Weltlage besonders geeignet erschien. Liard stimmt den Vorschlag sofort zu.

Albert Geouffre de La Pradelle, ist ehemaliger Student der juristischen Fakultät von Paris. 1897 erhält er die agrégation (Zugangswettbewerb zu den Lehrberufen), und nach Bestehen des Wettbewerbs der juristischen Fakultät von Grenoble wird er zum Professor ernannt. 1910 kehrt er an der Pariser Fakultät zurück. 1912 wird er auf einen Lehrstuhl für Verwaltungsrecht (Rechtsstreitigkeiten und Finanzen) berufen, wenngleich dies seinem eigentlichen Fachgebiet, dem öffentlichen und privaten Völkerrecht, kaum entspricht. In Grenoble war er in dieser Disziplin Nachfolger von Antoine Pillet und engagierte sich in vielfältiger Weise für ihre Entwicklung. Als assoziiertes Mitglied des Instituts für Völkerrecht hatte er bereits die Möglichkeit, in diesem Rahmen an Fragen der Staatenneutralität zu arbeiten. Seit 1909 war er auch Direktor der von Herr Darras gegründeten Zeitschrift für Internationales Privatrecht. Im Jahr 1913 trat Albert Geouffre de La Pradelle im Zuge der juristischen Arbeiten zum marokkanischen Protektorat in die Expertengruppe des französischen Außenministeriums ein. Obwohl er den diplomatischen Diensten von Paris bekannt war, war er für sie nicht so unverzichtbar wie sein Meister Louis Renault. Damals im Alter von dreiundvierzig Jahren, hat er im Gegensatz zu seinen älteren Kollegen Antoine Pillet und André Weiss keine Kinder, die mobilisiert sind. Selbst wenn er zum Zeitpunkt seiner Abreise in die Vereinigten Staaten kein Englisch spricht, erscheint er als der beste Kandidat für diese Mission, zumal sein Lehrauftrag in Paris leicht von Joseph Barthélemy übernommen werden kann, der sich zu Beginn des Jahres 1914 an der juristischen Fakultät von Paris ankommt.

Am 5. September 1914, als er als bediensteter des Außenministeriums von der Mobilisierung befreit ist, besteigt er das Schiff, das ihn nach New York bringen sollte, mit dem offiziellen Auftrag der Pariser Universität, in seiner Eigenschaft als Visiting Professor in Columbia Vorlesungen zum Kriegsrecht zu geben. Natürlich besteht seine inoffizielle Mission darin, Deutschland so weit wie möglich zu diskreditieren, indem er die Amerikaner darüber informierte, wie das Recht vom Feind verstanden und praktiziert wurde. Was niemand damals wissen kann, ist dass dieses Semester zu einem Aufenthalt von fast drei Jahren wird.

Sicherlich ist schon im Herbst 1914 die Illusion über einem kurzen Krieg schon verflogen. Infolgedessen wird im Kontext eines Konfliktes, dessen Ende nicht vorauszusehen ist, die Wahrung der Neutralität der größten Wirtschaftsmacht der Welt gegenüber Frankreich und seinen Verbündeten umso wichtiger. Davon hängt nicht nur die Fortsetzung der materiellen Kriegsanstrengungen ab (die Vereinigten Staaten versorgen Frankreich u.a. mit Rohstoffen, Munition und Finanzkrediten) sondern auch der Erfolg einer deutschen Seeblockade, die die an der Freiheit der Meere festhaltenden Vereinigten Staaten nur sehr mäßig schätzten. Nun hat Frankreich auf dieser Seite des Atlantiks zweifellos gute Karten verglichen mit den anderen Mächten der Entente jenseits des Atlantiks : Russland, archaisch und autokratisch, ist dort nicht sehr beliebt, und die ehemalige Kolonialmacht England löst ambivalente Gefühle und zuweilen Irritation aus.

Diese Änderung der Umstände allein erklärt jedoch nicht die Verlängerung der Mission von Geouffre de La Pradelle im Frühjahr 1915, die nun unter der Schirmherrschaft des französischen Außenministeriums steht. Wenn der Pariser Akademiker so lange in den Vereinigten Staaten geblieben ist, dann vor allem deshalb, weil er sich den subtilen strategischen Ansichten angeschlossen hatte, die der französische Botschafter Jean-Jules Jusserand seit Beginn des Konflikts hartnäckig verteidigte.

Ein vorbildlicher Helfer des französischen Botschafters in den USA

Schon in den ersten Wochen des Konflikts stellt Jusserand fest, dass die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten, die zwar von Natur aus pazifistisch ist und von der man nicht erwarten kann, sich bald in den Krieg stürzen zu wollen, in ihrer großen Mehrheit spontan die Partei Frankreichs ergreift. Tatsächlich verbinden die zwei Länder starke, historische Beziehungen sowie eine gemeinsame republikanische und demokratische Identität. Daraus zog Jusserand den Schluß, dass man sich unbedingt davor hüten müsse, eine übertriebene und aggressive Propaganda zu entfalten, wie sie Deutschland ausübte, und er erklärte in langen Berichten an den Quai d ‘Orsay, dass man sich nicht allzu sehr um die zehn Millionen amerikanischen Bürger deutscher Herkunft sorgen sollte, die sehr unwahrscheinlich die öffentliche Meinung zugunsten ihres Herkunftslandes umkehren dürften. Tatsächlich wirkte sich die Propaganda Deutschlands – und zwar vom ehemaligen Kolonialstaatssekretär Bernhard Dernburg im Auftrag des Kaisers – die lautstark und mit großem Aufwand betrieben wurde, eher negativ auf die öffentliche Wahrnehmung des Landes. Diese aggressive Propaganda, stört auf bewundernswert kontraproduktive Weise die amerikanischen Gesprächspartner, die damit konfrontiert sind. Ihre Beharrlichkeit wirkt als eine Bestätigung der Bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der deutschen Position. Jusserand ist zutiefst davon überzeugt, dass die besten Propagandisten der französischen Sache die Amerikaner selbst sind und gelangt daher zu folgendem Schluss : Es genügt, die Amerikaner handeln zu lassen – eine einfache und zugleich sparsame Strategie. Man sollte sich darauf beschränken, die bloßen Tatsachen zu liefern und sorgfältig davon abhalten, die Lektüre dieser Tatsachen zu lenken oder um jeden Preis von der Richtigkeit der französischen Sachen zu überzeugen. Man sollte sie jedesmal danken, wenn sie Frankreich unterstützten, aber noch mehr mußte man durch Zurückhaltung und Diskretion glänzen – die einzige Haltung, die mit der von Präsident Wilson definierten Neutralitätshaltung übereinstimmt – und schließlich in dieser Notlage, die nicht geleugnet werden soll, eine große Würde zeigen. Genau diese Linie wendet der entsendete Pariser Professor seit Oktober 1914 in der schwierigen Atmosphäre der Columbia-Universität, wo der intellektuelle Einfluss seines ehemaligen Präsidenten John W. Burgess, welcher aufgrund seiner Ausbildung in Deutschland sehr germanophil ist, deutlich ist, obwohl der Professor seit 1913 offiziell im Ruhestand ist.

Wie er Jusserand in einem Brief vom 27. Februar 1915 erklärt, bleibt Geouffre de La Pradelle stets äußerst Vorsichtig. Er nutzt seiner Position als Professor für Völkerrecht, um direkten Zugang zu den akademischen und intellektuellen Kreisen New Yorks zu erhalten, und durch Vorträge, die ihm ermöglichen, in Einzelgespräche, „mit einer absoluter Mäßigung im Umgang, dennoch mit einer sehr großen inhaltlichen Festigkeit, die Zweifel, Einwände, Vorurteile und Ambivalenzen zu zerstören, die spontan in den Köpfen entstanden oder häufiger von den Gegnern Frankreichs gegen die französische Politik provoziert wurden“. Er gewinnt so nicht unerhebliche Sympathien in der akademischen Welt, etwa vom Völkerrechtsprofessors E. C. Stowell, der, obwohl er zunächst für die Argumente von Dernburg empfänglich war, schließlich in das frankophile Lager wechselt und dies sogar in einem Buch über die Ursprünge des Krieges kundtut. Ein anderes Beispie : der Historiker Muzzey, der Vorträge die La Pradelle in Columbia hält, unter dem Titel „War and Law“ ins Englische übersetzt. Er schafft es auch, fruchtbare Kontakte mit amerikanischen Journalisten zu knüpfen, so dass einige seiner Artikel im Scribner’s Magazine, The Atlantic Monthly und der New York Times veröffentlicht werden. Darüber hinaus erfüllt er die Erwartungen des französischen Botschafters in den Vereinigten Staaten, als er sagt, er sei überzeugt, dass die französische Presse die Stellungnahmen amerikanischer Akademiker und Intellektueller zugunsten Frankreichs publizieren muss. In den Augen eines Diplomaten, der überzeugt ist, dass “die beste Propaganda, die wir hier machen können, darin besteht, zu zeigen, dass wir die Sympathie schätzen, die uns die Amerikaner entgegenbringen. Geouffre de La Pradelle ist Mitarbeiter der Revue Bleue, der Revue Hebdomadaire, der Revue de Paris, der Revue des deux mondes, der Revue politique et Parlement, der Zeitung Le Temps sowie des Journal des débats. Er ist ein interessanter Vermittler zwischen den Vereinigten Staaten und Frankreich. Während er ständig befürchtet, Paris könnte ihm ungeschickte und wenig subtile Missionare schicken, verleiht der Botschafter Jusserand dem Pariser Professor einen Lob, als er ihn mitteilt, dass er nicht beabsichtige, auf die Dienste eines intelligenten Kollaborator zu verzichten, der „in der Umgang zurückhaltend, in der Sprache gemäßigt und auf sein Gebiet sehr erfahren“ ist, der die Notwendigkeit verstanden hat, seine politische Propaganda unter dem Deckmantel einer friedlichen und friedlichen akademischen Tätigkeit zu verbergen, die alle Erscheinungsformen wissenschaftlicher Objektivität hat.

Jusserand ist bestimmt umso weniger bereit, auf die Dienste von Albert de La Pradelle zu verzichten, als dieser schon vor dem Krieg eine Freundschaft mit James Brown Scott hatte, die er wahrscheinlich im Rahmen des Institut de droit international geknüpft hatte. Der ehemalige Columbia-Professor, ehemaliger Dekan der University of Illinois, hatte der University of California gegründet. Sein umfangreiches Adressbuch bot seinem französischen Kollegen die Möglichkeit, sich weiter in das Umfeld der amerikanischen akademischen Juristen einzubringen. Darüber hinaus ist James Brown Scott, der den Machtzirkeln sehr nahe stand, damals Vorsitzender des Board of Neutrality, und Jusserand stellt fest, dass seine Freundschaft mit Geouffre de La Pradelle es ermöglicht, sehr französische Lösungen für die verschiedenen rechtlichen Probleme des Krieges zum Erfolg zu führen. Schließlich ist Brown Scott Mitglied der Carnegie International Peace Endowment und Präsident des American Institute of International Law. In diesem Rahmen schlägt er seinen Freund La Pradelle vor, an einer Vortragsreise durch ganz Südamerika teilzunehmen. Offiziell ist der Zweck der Reise, die Schaffung von lokalen Völkerrechtsgesellschaften zu fördern, die für die Entwicklung des Instituts wesentlich sind, doch inoffiziell sollten diese Konferenzen vor allem dieses Ideal des Friedens durch das Recht fördern, dem die beiden Internationalisten sehr verbunden waren. Während dieser umfangreichen Konferenztournee sollte Geouffre de La Pradelle in seiner Eigenschaft als Franzose auftreten, der nicht sein Land, sondern das Recht in seiner internationalen Dimension vertritt. Wenn diese Gelegenheit, weiterhin unter der Hand für die Verteidigung der Interessen Frankreichs in einem noch größeren räumlichen Maßstab zu arbeiten, für den Professor sehr verlockend ist, ließ sie dagegen in Frankreich viele Zähne knirschen, sowohl im Erziehungsministerium als auch im Rektorat der Pariser Akademie. Da die Dotation Carnegie als eine zutiefst pazifistische Organisation bekannt ist, hielten es die Pariser Behörden für sehr unklug, dass ein französischer Rechtsprofessor sich unter seine Ägide stellt und das Risiko eingeht, inmitten eines Konflikts als Sprecher des Friedens aufzutreten. So erhielt Geouffre de La Pradelle im Juni 1915, wenige Tage vor seiner Abreise, den Befehl, sich nicht an diesem Unternehmen zu beteiligen, das seine Regierung seiner ersten Sorge, den Krieg zu gewinnen, entgegensetzte. Seine frei gewordene Zeit widmete er einer Vortragsreise im Rahmen der Alliance française sowie der Vorbereitung eines kleinen Buches : War letters from France. Das Buch besteht aus sorgfältig ausgewählten Auszügen aus Briefen von Franzosen, Zivilisten oder vom Militär, die an ihre in Amerika lebenden Freunde gerichtet sind. Die Veröffentlichung stärkte das Bild von Frankreich, das die amerikanischen Journalisten, die bereitwillig pro-französisch waren, bereits seit zwei Jahren spontan vermittelten : das Bild eines mutigen, ruhig entschlossenen Frankreichs, ganz von der Überzeugung durchdrungen, dass es nicht egoistisch für sein Überleben kämpft, sondern im Dienste eines viel höheren Ideals, nämlich der Verteidigung der Rechte und Freiheiten der Nationen…

Nachdem es Geouffre de La Pradelle schließlich gelingt, die Vorbehalte seiner Pariser Vormundschaftsbehörden zu überwinden, die seine Verbindungen zur Carnegie-Stiftung 1915 hervorgerufen hatten, unternimmt er ab Herbst 1916 die geplante Vortragsreise, die im Vorjahr abgesagt werden musste. Dieser führte ihn durch Peru, Chile, Brasilien und Argentinien. Im Auftrag der Universität Paris und des Erziehungsministeriums nutzte er die ihm gebotene Gelegenheit, um die Möglichkeiten universitärer Partnerschaften in diesem bisher vernachlässigten Teil der Welt zu erkunden.

Nach drei Jahren, treten die USA schließlich im April 1917 in den Krieg ein, geht die Mission von Albert Geouffre de La Pradelle logischerweise zu Ende. Neben der Verleihung der Ehrenlegion erlangte er durch seine Verdienste für das Land natürlich die Nachfolge seines im Februar 1918 verstorbenen Vorbildes Louis Renault, nicht nur an der juristischen Fakultät, sondern auch im Außenministerium, von dem er 1919 einer der ordentlichen Juristen wird, Er wird auch zum Sachverständiger der französischen Delegation auf der Friedenskonferenz ernannt.

Am Ende des Konflikts betreibt Geouffre de La Pradelle intellektuellen Propaganda auf einer neuen Ebene, ohne diesmal den Zorn seiner Regierung zu riskieren : er engagiert sich im Dienste des neu gegründeten Völkerbundes, einer fragilen Institution, die das Ideal des internationalen Friedens durch das Recht zum Leben erwecken soll.

Catherine Fillon, Professorin für Rechtsgeschichte (Université Jean-Moulin-Lyon-3)


Literaturagaben

Guieu Jean-Michel, Le rameau et le glaive : les militants français pour la Société des Nations, Paris, France, Presses de Sciences Po, 2008.

Nouailhat Yves-Henri, France et États-Unis : août 1914-avril 1917, « Publications de la Sorbonne », Paris, France, Institut d’histoire des relations internationales contemporaines, 1979.

Rousseau Charles, « Albert Geouffre de La Pradelle », dans Revue internationale de droit comparé, vol. 7, no 2, 1955, p. 383‑384.

«  Rapport Lavisse  », Ministère de l’Instruction publique et des Beaux-Arts, Direction de l’Enseignement supérieur, Règlement des Universités, Paris, France, 1897, p. 56‑64.

«  Rapports des conseils des universités pour l’année scolaire 1910-1911  », Collection Enquêtes et documents relatifs à l’enseignement supérieur, Ministère de l’Instruction publique et des Beaux-Arts, Paris, France, 1912.

«  PV du conseil de la faculté de droit de Paris  », Archives nationales de France, AJ/16/1799, Paris, France.

«  Mission Geouffre de La Pradelle  », Centre des archives diplomatiques, 1 CPCOM511, La Courneuve, France.