Der Erste Weltkrieg stellte für die juristische Fakultät in Paris einen Wendepunkt dar. Als wichtigste juristische Fakultät in Frankreich musste sie sich schnell mit einer außergewöhnlichen Situation auseinandersetzen, die sie eines Teils ihrer Studenten und Professoren beraubte. Unter dem Impuls des Dekans Ferdinand Larnaude, wurde die Fakultät in den Dienst des französischen Krieges gegen Deutschland gestellt, des intellektuellen Kampfes des Rechts gegen die Kraft, die sowohl Professoren als auch Studenten anzog.
Die juristische Fakultät von Paris in den Krieg führen : die Veränderungen der Unterrichte
Die Ankündigung der Kriegserklärung im August 1914 überraschte die Fakultät am Ende der Prüfungszeit und erschütterte den Beginn des akademischen Jahres 1914-1915. Die Zahl der Studenten sank während der gesamten Kriegszeit. Mehrere Professoren, die alt genug waren, um mobilisiert zu werden, wurden an die Front oder in die Rechts- oder Verwaltungsdienste der Armee geschickt.
Die Fakultät musste den Mangel bewältigen und sich für die Kriegszeit organisieren. Bestimmte Vorlesungen mit reduziertem Personalbestand wurden vorübergehend ausgesetzt oder je nach Mobilisierung unter den Professoren aufgeteilt. Die Prüfungen wurden angepasst, um den mobilisierten Studenten die Teilnahme zu ermöglichen : während des Krieges fanden vorgezogene Sitzungen statt, und in der Nachkriegszeit wurde ein vereinfachtes Regime organisiert. Die Fakultät sendete auch juristische Handbücher, die bei Verlegern des Quartier Latin gesammelt wurden, an in Deutschland gefangene Studenten, während sie gleichzeitig Schutzmaßnahmen in Bezug auf ihre Räumlichkeiten oder Sammlungen alter Bücher ergrief.
Mehrere Lehrer passten ihren Vorlesungen an, insbesondere im Bereich des öffentlichen Rechts. Das Verfassungsrecht (im ersten Jahr) und das Völkerrecht (im zweiten Jahr), die normalerweise im zweiten Semester unterrichtet wurden, wurden bereits ab dem ersten Semester aufgrund ihrer besonderen politischen Bedeutung unterrichtet : „Aufgrund der Ereignisse, die wir durchmachen, ist es wichtig, dass von Anfang an den neuen Studenten sowohl im Bereich des internen öffentlichen Rechts als auch im Bereich des internationalen öffentlichen Rechts Begriffe des öffentlichen Rechts gegeben werden“ (Fakultätsversammlung vom 30. September 1914).
Völkerrechtliche Vorlesungen waren besonders betroffen. André Weiss stellte so „Die verschiedenen Auffassungen des Völkerrechts gegenüber, die durch den Krieg der Nationen hervorgehoben werden : der deutsche und der unsere“ (Vorlesung im Jahr 1914-1915 bis 1916-1917). Louis Renault beschäftigte sich 1914-1915 mit dem kontinentalen Kriegsrecht. Sonderstudie zu Fragen des Krieges von 1870 und des Krieges von 1914 und widmete der Vorlesung vom Jahr 1916-1917 dem Kriegsrecht. Antoine Pillet befasste sich mit den kriegsrechtsbezogenen Verträgen in den Jahren 1914-1915 und 1917-1918.
Der Krieg wurde oft als Beispiel oder ergänzende Entwicklung integriert, wie in der Vorlesung zur Finanzgesetzgebung von Gaston Jèze in den Jahren 1917-1918 und 1918-1919. Jèze, der glaubte, der Sache der Französischen Republik zu dienen, indem er Napoleon, den „gekrönten Banditen“, mit dem deutschen Kaiser in einem Kurs über die Finanzpraktiken autoritärer Imperien vergliech, löste 1916 Proteste bonapartistischer Studenten aus, die ihn beschuldigten, die Heilige Union zu brechen.
Seit der Nachkriegszeit wendete sich die Aufmerksamkeit der Professoren weitgehend von der Frage des Krieges ab, auch wenn einige von ihnen deren rechtliche Folgen analysieren. René Jacquelin, Professor für Verwaltungsrecht, widmet seiner Vorlesung von 1922 bis 1923 und 1923 bis 1924 dem Einfluss des Krieges auf das Verwaltungsrecht. Jules Basdevant befasste sich mit dem Prisenrecht in den Jahren 1921-1922 und 1924-1925, während die Wiedergutmachung von Kriegsschäden von Henry Berthélemy in seiner Vorlesung für Verwaltungsrecht in den Jahren 1924-1925 behandelt wurde. Die unmittelbare utilitaristische Funktion der Kriegslehren ging jedoch zurück, wenn der Konflikt sich entfernt hatte ; die traditionellen Rahmenbedingungen der universitären Lehre nahmen dann wieder die Oberhand.
Nach dem Waffenstillstand illustrierte die Rückkehr der Mobilisierten und das rasche Wachstum der Belegschaft auch die Rückkehr zum normalen Ablauf an der Fakultät. Zahlreiche Gedenkfeiern markierten den Ausgang des Krieges, der es ermöglichte, den Toten zu gedenken und die Mobilisierung der Fakultät zu bekräftigen, die Glückwunschbotschaften von mehreren politischen Behörden erhält, wie Orlando, Publizist und Präsident des italienischen Rates am Ende des Krieges. Das Goldene Buch der juristischen Fakultät von Paris – Krieg 1914-1918 enthälte die Reden, die während einer Zeremonie am 15. März 1925 gehalten wurden, und Huldigungen an seine Mitglieder, die während der Kämpfe starben, wie Maurice Bernard, Professor an der Fakultät und Abgeordneter, der während eines Trainings starb, als er Pilotkapitän war, oder an Studenten, wie Jean Saleilles, Sohn von Raymond Saleilles und Enkel von Claude Bufnoir, beide ehemalige Professoren der Fakultät.
Die sehr eingeschränkte Situation der juristischen Fakultät zu Beginn des Konflikts schuf somit eine außergewöhnliche, aber vorübergehende Situation. Die Fakultätsmitglieder bemühten sich, soweit möglich, das normale Funktionieren der Institution aufrechtzuerhalten (indem sie die Organisation jährlicher Studentenwettbewerbe beibehalten), während sie den Rechtsunterricht für den ideologischen Kampf gegen Deutschland nutzten. Denn die Kriegsführung der Fakultät hatte für ihre Mitglieder nur ein erklärtes Ziel : Es sollte nicht einfach den Mangel verwaltet werden, sondern den Wert des Rechts gegen die von den Deutschen verkörperte rohe Gewalt zu verteidigen.
Kampf für das Recht : Wissenschaft im Dienste des Krieges
Seit der Wiedereintrittsrede des Dekans Larnaude im November 1914 stand die Fakultät an der Spitze einer Mission zur Verteidigung des Rechts gegen die Gewalt, die ihn dazu brach, gegen die Verletzung der Neutralität Belgiens durch die Deutschen unter Missachtung des Völkerrechts zu protestieren und die Legitimität des von Frankreich geführten Kampfes zu bekräftigen : „Wir lehren Loyalität in den Beziehungen der Einzelnen und in den Beziehungen der Völker untereinander, und es ist die Treulosigkeit, die Lüge, die Spionage, die zu einer echten und neuen Staatsmacht geworden ist, die seit vierundvierzig Jahren gegen uns praktiziert wird, die im gegenwärtigen Krieg noch jeden Tag praktiziert wird ! Wir lehren die Einhaltung von Verträgen durch Einzelpersonen und durch die Völker, die ihnen zugestimmt haben. Und wir haben die abscheulichste Verletzung des gegebenen Wortes erlebt, die die Geschichte jemals aufgezeichnet hat.“ (Larnaude, 7. November 1914)
Das Ziel der Fakultät war nicht so sehr das deutsche Militär oder die deutsche Regierung, sondern die Universität selbst, der Ort der Produktion der Rechtstheorien, deren bedauerliche Konsequenz das deutsche Handeln war. Larnaude wurde nicht müde, die besondere Rolle der juristischen Fakultät zu bekräftigen, um auf diese Theorien mit der Entwicklung konkurrierender Theorien zu antworten, die die Investition Frankreichs in den Krieg rechtfertigen.
Der Kontext des Krieges bat den Professoren die Möglichkeit, einige doktrinales kontroversen zu aktualisieren, um die Positionen und Gegensätze im akademischen Bereich zu bekräftigen. Henry Berthélemy, Professor für Verwaltungsrecht und Nachfolger von Larnaude als Pariser Dekan nach dem Ersten Weltkrieg, knüpfte in einem Artikel von 1915 über „Die Grundlage der politischen Autorität“ die Theorie der Rechtspersönlichkeit des Staates an eine aus Deutschland importierte Doktrin an, die dazu führt, dass dem Staat durch die Legitimierung der Ausübung von Gewalt zu viel Macht eingeräumt wird. Er widerlegt diese „Germanismen“, insbesondere die Theorie der Selbstbeschränkung des Staates, deren „Ausdruck allein barbarisch ist“, da er den Vorrang der Kraft vor dem Recht bedeutet. Berthélemy hingegen schätzt (wie Duguit) die Theorie der Rechtspersönlichkeit des Staates als unnötig und gefährlich ein. Indem Berthélemy andeutete, dass Maurice Hauriou sich mit der Annahme der Persönlichkeitstheorie diesen deutschen Auffassungen anschloss, löste er eine Replik des Betroffenen und einen Briefwechsel aus, der 1916 in der Revue du droit public veröffentlicht wurde.
Die Unterordnung der Wissenschaft unter die Erfordernisse des Krieges erforderte die Rechtfertigung der französischen Positionen auf diplomatischer Ebene. Der Professor für vergleichende Gesetzgebung am Collège de France Jacques Flach intervenierte durch die Veröffentlichung mehrerer Broschüren in den von Larnaude verteidigten Kampf für das Recht ein. Die Menschheit stand vor zwei Horizonten : der Herrschaft der egoistischen und brutalen Gewalt, die auf Rassenstolz beruhte und die Welt versklavte, oder der Herrschaft der Gerechtigkeit, die auf der doppelten Grundlage der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Menschen beruhte und jedem Volk die freie Entfaltung seines Gewissens und seines nationalen Lebens sicherte. (Jacques Flach, Le droit de la force et la force du droit, 1915, S. 6)
Flach verwendete die Rechtsgeschichte, um die Legitimität der Ansprüche Frankreichs auf Elsass-Lothringen sowohl kulturell als auch rechtlich zu demonstrieren ; er widerlegte insbesondere die diplomatischen Beweise, die die Angliederung von Elsass an Deutschland ab dem 20. Jahrhundert belegen würden.
Aber die französischen Ansprüche waren mit einem universelleren Kampf zur Förderung des Völkerrechts verbunden. Larnaude unterhielt insbesondere eine aktive Korrespondenz, um die Position der Fakultät bekannt zu machen : Er schickte den Text seiner Rede zum Vorlesungsbeginn an mehrere Universitäten in neutralen Ländern und ermutigte seine Kollegen, wieder Kontakt mit ehemaligen ausländischen Studenten aufzunehmen, die in ihr Land zurückgekehrt waren, um „zu dieser Propaganda beizutragen“. Geouffre de La Pradelle, Professor für Völkerrecht, erhielt ab September 1914 eine Zulage, um eine Vorlesung über „Kriegsrecht“ an der Columbia University zu unterrichten ; er hielt sich während des größten Teils des Krieges in Amerika auf, knüpfte Kontakte und hielt zahlreiche Konferenzen in den Vereinigten Staaten und Lateinamerika, um die amerikanischen Länder zu überzeugen, sich an der Seite Frankreichs und Englands stärker am Krieg zu beteiligen. Nach seiner Rückkehr nach Paris im Jahr 1917 betitelt er seine Vorlesung zum Völkerrecht „Amerika, der Krieg und das Völkerrecht“.
Nach dem Waffenstillstand im Dezember 1918 wurde Nicolas Politis, ehemaliger Professor für Völkerrecht an der Rechtsfakultät, während des Weltkrieges griechischer Außenminister und späterer Delegierter seines Landes an der Friedenskonferenz, mit dem Ehrenamt der Rechtsfakultät betraute. In seiner Dankesrede drückte er seine Genugtuung darüber aus, dass das Ende des Krieges den Triumph des Völkerrechts über den „Sarkasmus“ bedeutete, dessen Gegenstand es war : „In dem zu verwirklichenden Wiedergutmachungswerk wird es mit den darin enthaltenen Sanktionen zu einem grundlegenden Teil des Rechts“. Das Völkerrecht hat nunmehr zum Ziel, den Frieden vorzubereiten und zu sichern, indem es einen neuen Krieg verhindert.
Die Einzigartigkeit der Mobilisierung von Juristen und Ökonomen lag in der Nutzung des Fachwissens in den internationalen Nachkriegsverhandlungen, an denen insbesondere Larnaude beteiligt war. Es ging auch darum, Einfluss auf die Entwicklung der Kriegsgesetzgebung zu nehmen, wie dies bei der Mobilisierung für die Wiedergutmachung von Kriegsschäden der Fall war. Bereits im Dezember 1914 erkannte Regierung und Parlament das Recht von Kriegsopfern auf staatliche Entschädigung an. Dieses Recht musste durch ein Gesetz verwirklicht werden, dessen Entwurf 1915 eingereicht wurde. Aber Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kammern des Parlaments führten zu langen Verzögerungen bei der Zustimmung des Projekts : Während die Abgeordnetenkammer die entschädigten Geschädigten zwingen wollte, ihre Entschädigung für den Wiederaufbau oder die Wiederherstellung ihres zerstörten Eigentums zu verwenden, widersetzte sich der Senat im Namen des individuellen Eigentumsrechts.
In dieser Debatte will die juristische Fakultät von Paris ihr ganzes Gewicht zugunsten der Verwendungsfreiheit, das einzige Mittel, das ein echtes Recht auf Wiedergutmachung garantierte, aber auch die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Ziels der Wiederherstellung der zerstörten Gebiete einbrach. Die Idee des Sozialrechts stand im Vordergrund und markierte den Bruch mit den individualistischen Konzeptionen des 19. Jahrhunderts, aber auch mit einigen zivilistischen Konzeptionen. Aufgefasst wurde das Recht hier durch den Zweck, den es für die Gesellschaft erfüllte.
Mehrere Mitglieder der Fakultät nahmen an Konferenzen zu diesem Thema teil und suchen nach politischen Positionen, deren Hauptinstrument das Nationale Aktionskomitee für die vollständige Wiedergutmachung der durch den Krieg verursachten Schäden war, das seit Anfang 1915 gegründet wurde und unter dem Vorsitz von Ferdinand Larnaude stand ; Das Komitee vereinte Juristen und Ökonomen, aber auch Ingenieure oder Architekten und umfasste mehrere Politiker. Die Kontakte mit der Politik waren konstant, insbesondere mit dem Senat, der den Positionen des Ausschusses in der Frage der Wiederbeschäftigung näherkam. Larnaude selbst wurde am 11. Februar 1916 (insbesondere mit Fernand Faure) von der mit dem Projekt beauftragten Sonderkommission der Abgeordnetenkammer und am 20. Februar 1917 von der des Senats unter dem Vorsitz von Léon Bourgeois angehört. Diese Mobilisierung ließ nur wenige Juristen außen vor, die das Recht auf Entschädigung befürworten, aber nicht die Modalitäten, die im Parlament diskutiert wurden. René Jacquelin, Professor für Verwaltungsrecht, veröffentlichte 1917 ein Pamphlet gegen die Wiederbeschäftigung, das als Vorwand für die Ausweitung der Kontrolle der Verwaltung über das Eigentum angesehen wurde (Das Sozialrecht und die Wiedergutmachung von Schäden in überschwemmten Gebieten, Paris, Tenin).
Wenn die Professoren im besonderen Kontext der Nationalunion ihre wissenschaftliche Tätigkeit mit einer Propagandafunktion ausstatten wollten, dann kristallisierte der Erste Weltkrieg die Beziehungen der Rechtsprofessoren zur politischen Macht, wie sie in der Zwischenkriegszeit zum Ausdruck kommen wurden. Diese Beziehungen bestanden aus zahlreichen Kontakten, vor allem für die Pariser Professoren, aber es war auch nicht frei von misstrauen : die Rechtsanwälte versuchten, Kollegen, die in der Politik involviert waren und denen sie verdächtigten, den Einfluss des Staates auf die Individuen verstärken zu wollen, an grundlegenden juristischen Prinzipien zu erinnern.
Die Mobilisierung der Juraprofessoren erfüllte nicht nur eine Propagandafunktion. Der Krieg war auch der Anlass für eine Arbeit der Anhäufung von Quellen und Reflexion über die Veränderungen des Rechts, die in Zeitschriften, aber auch in mehreren Publikationsreihen über die Auswirkungen oder Folgen des Krieges sichtbar war. Gaston Jèze veröffentlichte bei Giard et Brière eine Reihe von Büchern über die finanziellen Aspekte des Krieges in Frankreich (Les finances de guerre de la France, 5 t. von 1915 bis 1920), England (Les finances de guerre de l’Angleterre, 7 t. von 1915 bis 1923) und Italien (Les finances de guerre de l’Italie, Paris, Giard & Brière, 1916). Er trug auch zu der Übersetzung ins Französische von Der War Revenue Act von 1917, von E. R. A. Seligman (Giard, 1918).
Paul Fauchille und Jules Basdevant, Professoren in Paris, veröffentlichten bei A. Rousseau mehrere Sammlungen der Rechtsprechung über den Prisenrecht (Der Krieg von 1914. Britische Rechtsprechung auf dem Gebiet der maritimen Fänge…, 2 Bde., 1918-1927 ; Der Krieg von 1915. Italienische Rechtsprechung auf dem Gebiet der Seefänge…, 1918 ; Fauchille veröffentlichte 1916 einen Band über die französische Rechtsprechung auf diesem Gebiet). Der Einsatz von Militärschiffen zur Beschlagnahme von Handelsschiffen unter feindlicher Flagge oder zur Verhinderung des Schmuggels seitens der neutralen Länder erlebte während des Ersten Weltkriegs einen erheblichen Aufschwung und wurde von den Deutschen mit dem Einsatz von U-Booten weit verbreitet. Der Grundsatz, dass jeder Seefang von Gerichten (in Frankreich der Rat der Fänge) beurteilt werden musste, führte bei allen Kriegführenden zu einer reichlichen Rechtsprechung, die Gegenstand einer Klassifizierungsarbeit der Juristen war. Schon vor dem Kriegsbeginn hatte die Aussicht auf einen internationalen Gerichtshof ein lehrmäßiges Interesse an der Frage geweckt. Als Wiederbelebung einer alten Kriegspraxis zeugte die Gerichtsbarkeit der Gefangenen von den Bemühungen der Juristen, gemeinsame internationale Regeln zu schaffen, aber auch von den begrenzten Möglichkeiten des Rechts, den Krieg zu begrenzen. Die Fülle der Entscheidungen während des Krieges führte in jedem Fall zu der gleichen wissenschaftlichen Arbeit der Sammlung und Klassifizierung der Rechtsprechung wie im Zivilrecht. So bat der Krieg den internationalistischen Juristen die Möglichkeit, die Ergebnisse ihrer Arbeiten mit Kollegen aus anderen Disziplinen in Verbindung zu setzen.
Die Studenten mobilisieren : das Beispiel von Doktorarbeiten
Die Mobilisierung der Fakultät betraf auch Studenten, auch wenn diese aufgrund der Mobilisierung an der Front in geringere Zahl vertreten waren Ob es sich um das Studium des Ersten Weltkriegs oder um eine breitere rechtliche oder wirtschaftliche Reflexion über die Modalitäten und Folgen des militärischen Phänomens handelte, die Arbeit der Doktoranden zeigte die Auswirkungen des Krieges.
Der Krieg war bereits lange vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein wiederkehrendes Thema von Doktorarbeiten. Die Dissertationen beziehten sich dann auf das internationale Kriegsrecht, auch in seinen theoretischen oder historischen Aspekten (eine der Doktorarbeiten Jules Basdevants vom Jahr 1901 widmet sich ist 1901 der Französischen Revolution und dem kontinentalen Kriegsrecht). Das andere Thema, das immer wieder auftauchte, war die Kriegsräte, eine Sondergerichtsbarkeit der Armee, die in den 1900er Jahren nach der Dreyfus-Affäre Gegenstand mehrerer Reform- oder Abschaffungsprojekte war. Die Anzahl der Doktorarbeiten über den Krieg blieb jedoch begrenzt. Es waren lediglich 2 oder 3 pro Jahr, mit Ausnahme bestimmter Jahre (wie 1903, 1912 oder 1913).
Die Zahl der Doktorarbeiten über den Krieg vervielfachte sich ab 1914. Dies war jedoch kein ausreichender Indikator, da ihre Gesamtzahl manchmal relativ gering war (1 im Jahr 1915 ; 6 im Jahr 1917), obwohl sie weiter steigen konnte (16 im Jahr 1919 und zwischen 10 und 15 in den folgenden Jahren bis 1925). Bezeichnend war vor allem der Anteil, den diese Frage in der Gesamtheit der Doktorarbeiten einnahm : Während die Zahl der Doktorarbeiten, die oft über 300 pro Jahr hinausgingen, um 1910 überschritten wurde, sank sie in den Kriegsjahren schlagartig auf weniger als 50 pro Jahr, bevor sie ab 1924 auf einen Durchschnitt von etwa 200 Doktorarbeiten pro Jahr anstieg.
Auch die Themen waren im Vergleich zur Vorkriegszeit stark diversifiziert. Das Völkerrecht blieb präsent (J. Brucy, Verträge und die Regelung des Kriegsrechts, 1917 ; P. E. M. Yvon, Der Luftkrieg (Beitrag zum Studium seiner Gesetze), 1924 ; R. Navello, Die Entwicklung des Besuchsrechts und des Verfügungsrechts während des letzten Krieges, 1925), aber weniger dominant als vor dem Krieg. Die Subjekte des Privatrechts, die vor 1914 wenig vertreten waren, waren Gegenstand regelmäßigen Interesses (J. Déjardin, Die Auswirkung des Krieges auf die Beziehungen zwischen Mietern und Eigentümern, 1916 ; J.-E. Gueullette, Die rechtlichen Auswirkungen des Krieges auf die Verträge, 1918 ; und nach Kriegsende : P. Tatry, Gesetz vom 21. Januar 1918 über die zu liefernden Märkte und andere vor dem Krieg abgeschlossene Handelsverträge, 1920 ; J. Lepargneur, Die Verlängerung der Verträge mit aufeinanderfolgender Ausführung nach einem Fall höherer Gewalt und insbesondere nach dem Krieg von 1914, 1920). In ähnlicher Weise befassten sich mehrere Themen mit der Situation von Soldaten, Gefangenen oder Kriegsopfern (A. Mailler, Von der Unterscheidung von Kämpfern und Nichtkämpfern als Grundlage des Kriegsrechts, 1916 ; J.-B. Faure, Der Verstümmelte des Krieges in der Industrie, 1917 ; N. Dejean de la Bâtie, Von den durch den Krieg vorgenommenen Änderungen der Arbeitsunfallgesetzgebung, 1918 ; Kapitän Funereau, Die Veteranen und die Nachkriegsgesetzgebung, 1924). Mehrere Thesen befassten sich auch mit den Folgen des Krieges für den Eisenbahnverkehr.
Die meisten Doktorarbeiten, beginnend mit dem Krieg und vor allem nach 1918, betrafen finanzielle und wirtschaftliche Fragen. Die öffentlichen Finanzen wurden häufig sowohl für Frankreich (M. Dodinot, Le contrôle des finances publiques et les formes comptables dans le budget de la guerre, 1916) als auch für das Ausland angesprochen (Ägypten : J. Misrahi, 1919 ; Russland : B. Eliacheff, 1919 ; Rumänien : C. C. Paraschivesco, 1920). Steuerfragen, insbesondere die Besteuerung von Kriegsgewinnen, waren Gegenstand mehrerer Doktorarbeiten (z.B. G. Monteux, Die Bedingungen und die Anwendung des Kriegsgewinngesetzes aus wirtschaftlicher Sicht, 1920). Andere befassten sich mit den wirtschaftlichen oder monetären Folgen des Krieges (E.-G. Sacazan, Die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Banque de France während des Krieges, 1918 ; J. Tennenbaum, Die Rolle der Banque de France während des Krieges, 1919 ; P. Izard, Die Arbeitslosigkeit und die Platzierung in Frankreich während des Krieges, 1920 ; L. Goldstein, Der Goldumlauf während des Krieges, 1921 ; S. Khiat, Der Zinssatz in der Geschichte und Gesetzgebung. Sein Anstieg seit dem Krieg, 1928) oder das Funktionieren des internationalen Handels in Kriegszeiten (R. Bouffandeau, Vom Regime der Importe und Exporte während des Krieges und der Nachkriegszeit : (August 1914-August 1920), 1921 ; R. Goujet, Protektionismus in Frankreich seit dem Krieg in Fakten und Doktrin, 1922). Die Thesen interessierten sich insbesondere für England (L. Perségol, Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in England, 1922) oder für Deutschland (P. Pardailhé-Galabrun, Die wirtschaftliche Organisation Deutschlands während des Krieges, 1922). Direkte politische Fragen waren dagegen weniger präsent (A. Narodestzki, Die Internationale und der Weltkrieg. Konkurs der drei Internationalen, 1922).
Unter den kriegsbezogenen Themen war insbesondere auf die Entschädigung für Kriegsschäden hinzuweisen. Zwanzig Doktorarbeiten, die in Paris vertreten wurden, betrafen dieses Thema in relativ kurzer Zeit (vor allem zwischen 1916 und Anfang der 1920er Jahre). Die meisten von ihnen baten eine Beschreibung des Wiedergutmachungsregimes an, sei es die ab 1915 eingeführte vorläufige Regelung oder die durch das Gesetz vom 17. April 1919 geschaffene Situation, die Gegenstand mehrerer analytischer Darstellungen war (z.B. R. Alhein, Über die Wiedergutmachung von Kriegsschäden in beweglichen Sachen. Gesetz vom 18. April 1919, 1919). Einige Thesen baten eine theoretischere Studie über die Begründung der Wiedergutmachung (É. Neu, Das soziale Risiko : Rechtsgrundlage der Gesetze zur Wiedergutmachung von Sach- und Personenschäden, 1918, verbindet so die Gesetzgebung mit der solidarischen Bewegung).
Die Doktorarbeiten, die während des Krieges verfasst wurden, versuchten manchmal, die parlamentarische Debatte zu beeinflussen, während das Gesetz noch diskutiert wurde (P. Gouin, Die Freiheit des Wiedereinsatzes bei der Wiedergutmachung von Kriegsschäden : Beitrag zur Geschichte der Ausarbeitung des Gesetzes über die Wiedergutmachung von Kriegsschäden, 1917). Die Thesen der Zwischenkriegszeit untersuchten ihrerseits, oft kritisch, die Umsetzung und die praktischen Ergebnisse des Gesetzes (G. Hennion, Über die Anwendung des Gesetzes vom 17. April 1919 über die Wiedergutmachung der durch die Kriegshandlungen verursachten Schäden. Administrative Auslegung und Rechtsprechung, 1928). Wie bei anderen Themen wurden auch bei anderen Ländern, wie dem sich bildenden Jugoslawien oder Rumänien, Kriegsschäden berücksichtigt.
Diese Dissertationen ordneten die Doktoren der Fakultät in den Bereich des juristischen Gutachtens ein, das von den Professoren gefördert wurde, von denen sie die wichtigsten Publikationen über die Wiedergutmachung von Schäden reichlich zitierten (so Barthélémys Artikel auf der Grundlage des Rechts auf Wiedergutmachung oder Jacquelins Werk, das sich gegen das Prinzip des Sozialrechts wendet). Die Jurys (von drei Professoren) zeigten 24 verschiedene Namen. Zwei von ihnen waren besonders hervorzuheben : von 20 Thesen ist Jacquelin in 8 Jurys (darunter 3 Präsidentschaften) vertreten, Larnaude in 6 Jurys (darunter 4 Präsidentschaften und 2 gemeinsame Jurys mit Jacquelin). Sie bestätigten damit mit antagonistischen Positionen ihre wissenschaftlichen und politischen Investitionen in diesem Bereich.
Dass Themen aus dem öffentlichen Recht oder der Ökonomie die Mehrheit der Doktorarbeiten ausmachten, ergab sich jedoch nicht unmittelbar aus dem besonderen Zusammenhang, den der Krieg mit diesem Disziplinarbereich hatte. Sie musste vor allem mit der allgemeinen Entwicklung des Doktorats in Rechtswissenschaften in Verbindung gebracht werden. 1895 führte die Reform des Doktorats zwei Spezialisierungen ein, eine in den Rechtswissenschaften (hauptsächlich des Privatrechts und des Strafrechts) und die andere in den Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Diese zweite Spezialisierung war ein privilegiertes Gebiet für das Studium des Krieges. In den 1910er Jahren wurde es, auf Kosten der Rechtswissenschaften, die Spezialisierung, die unter den Doktoranden am meisten vertreten war. In den Jahren 1912 bis 1913 wurden 285 Doktorarbeiten verfasst, davon 156 in den Politikwissenschaften. Während des Jahres 1919-1920 waren nur 40 Studenten in Rechtswissenschaften eingeschrieben, während 280 Studenten in Politik- und Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben war (nicht alle von ihnen verteidigten ihre Doktorarbeiten im selben Jahr).
Zwischen dem Streben nach Normalität und der Bereitschaft, sich am Krieg zu beteiligen, hatte die Pariser Fakultät plötzliche, manchmal dauerhafte, aber meistens teilweise und vorübergehende Veränderungen ihrer Funktionsweise und ihres wissenschaftlichen Auftrags erfahren.
Guillaume Richard, Professor für Rechtsgeschichte (Universität Paris-Descartes – Institut für Rechtsgeschichte : EA 2515)
Literaturangaben
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Berthélemy Henry, Barthélemy Joseph, Rolland Louis, Weiss André, Larnaude Ferdinand, Hermant Jacques (dir.), La réparation des dommages de guerre : conférences faites à l’École des hautes études sociales (novembre 1915 à janvier 1916), Paris, France, F. Alcan, 1917.
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Flach Jacques, Le droit de la force et la force du droit, Paris, France, Sirey, 1915.
—, Les affinités françaises de l’Alsace avant Louis XIV : et l’iniquité de sa séparation de la France, Paris, France, Sirey, 1915.
Laniol Vincent, « Ferdinand Larnaude, un ‘délégué technique’ à la conférence de la Paix de 1919 entre expertise et ‘culture de guerre’ », dans Relations internationales, no 149, 2012, p. 43‑55.
Milet Marc, « La doctrine juridique pendant la guerre : à propos de Maurice Hauriou et de Léon Duguit », dans Jus politicum : revue de droit politique, no 15, 2016, http://juspoliticum.com/article/La-doctrine-juridique-pendant-la-Guerre-a-propos-de-Maurice-Hauriou-et-de-Leon-Duguit-1087.html (consulté le 25/07/2018).
Richard Guillaume, Enseigner le droit public à Paris sous la Troisième République, Paris, France, Dalloz, 2015.