Author: Des facultés sur le front du droit

Der Krieg der Juristen

Der Krieg der Juristen

10 November 202210 November 2022 Des facultés sur le front du droitDer Krieg der Juristen Die Pariser Rechtsfakultät verurteilt die Verletzung des Völkerrechts durch Deutschland Zu Beginn des Ersten Weltkriegs prangerten die Professoren der Juristischen Fakultät in Paris die „Verletzung aller Grundsätze“ des Völkerrechts durch die Deutschen an, insbesondere die Verletzung der Neutralität Belgiens, die durch Verträgen, die auch Preußen unterzeichnet hatte, garantiert war. Hatte nicht Bundeskanzler Bethmann-Hollweg, „Nachkomme eines der bekanntesten Rechtsprofessoren Deutschlands“ (Moritz Bethmann-Hollweg, einer der Schüler von Savigny), indes gesagt, dass „die Verträge nur Papierlappen sind“  ? An dieses “gottlose Wort” erinnerte der Dekan Larnaude in der Rede vor seinen Kollegen am 7. November 1914 am Vorabend der Wiederaufnahme der Vorlesungen. Dieser vom Patriotismus entflammte Text, der uns aus den Registern der juristischen Fakultät bekanntpour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

Léon Duguit : Die deutsche Wissenschaft und der Ersten Weltkrieg

Pierre Marie Nicolas Léon Duguit wurde am 4. Februar 1859 in Libourne in der Gironde geboren. Als hervorragender Student sowohl in der Sekundarstufe als auch an der Universität erhält er mit 22 Jahren den Doktortitel. Dank einer Altersbefreiung bekommt er im folgenden Jahr die agrégation (Lehrbefähigung). Er wird Professor für Rechtsgeschichte in Caen, bevor er im November 1886 nach Bordeaux zurückkehrt. Dort lernt er den Soziologen Émile Durkheim kennen, der sein juristisches Denken stark beeinflusst. Parallel zu seiner Lehre engagiert sich Duguit in der Politik. Er beruft sich auf die „solidaristische“ Strömung von Léon Bourgeois, die in Bordeaux von Durkheim vertreten. Nach Duguit hat der Jurist eine soziale Rolle. Er soll den Gesetzgeber auf der Grundlage seiner Kenntnis der sozialen Gesetzmäßigkeiten orientieren. In dieser Perspektivepour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

Die Wahrnehmung der deutschen Wissenschaft an der Universität von Bordeaux während des Ersten Weltkriegs

Am 8. Dezember 1870 empfing Bordeaux, eine Provinzstadt abseits der Kämpfe zwischen Frankreich und den deutschen Mächten, die Regierungsdelegation für zwei Monate in ihren Mauern. Seine Entfernung von der Front war ein Vorteil, hinzu kamen seine guten Beziehungen zu England, die es ihm ermöglichten, Material zu beschaffen, das für die Kriegsanstrengungen benötigt wurde. In dieser Zeit öffnete die juristische Fakultät von Bordeaux – das “große Vergessene” der napoleonischen Reichsuniversität – nach fast einem Jahrhundert völligen Leerstands von 1792 bis 1870 wieder ihre Räumlichkeiten, obwohl die Anwaltskammer von Bordeaux wiederholt um ihre Wiedereröffnung gebeten hatte. Sie nimmt ihre Aufgaben jedoch erst Mitte 1871, also lange nach dem Abzug der Regierung, wirklich wahr. Der Krieg von 1870 entwickelte sich für Frankreich schnell zu einer schweren Niederlage. Impour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

Die Reden des Dekans Maurice Hauriou (1914-1919)

Am Samstag, dem 18. Juli 1914, zwanzig Tage nach der Ermordung des Erzherzogs François-Ferdinand, endete an der juristischen Fakultät von Toulouse das akademische Jahr. An diesem Nachmittag wird der Fakultätsrat vom Dekan Maurice Hauriou (1856-1929) geleitet. Innerhalb von dreißig Minuten werden die Kandidaturen für den offenen Lehrstuhl des römischen Rechts sowie die Verteilung der Einnahmen aus der fakultativen Vorträgen diskutiert. Die Fakultätsversammlung trifft sich dann, um die Preise der Jahresend-Wettbewerb, der freien Kurse und die Maurice-Garrigou-Stiftung zu vergeben. Noch können Studenten und Lehrer ein paar ruhige Tage genießen, bevor sie im Tumult des Krieges mitgerissen werden. Am Mittwoch, den 25. November 1914, ist der europäische Konflikt in den Debatten der Fakultätsorgane spürbar. Die Versammlung behandelt die Fragen der ergänzenden Kurse und der zeitweise Aufhebung der Einschreibegebühren sowiepour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

Die Reden des Dekans Larnaude

In der Ausgabe das Jahres 1900 der Zeitschrift  Revue internationale de l’enseignement (RIE – Internationalen Zeitschrift des Hochschullehre) wird eine Rede des Dekans Ernest Glasson (Dekanat 1899-1906) anlässlich der Preisverleihung der juristischen Fakultät abgedruckt. Die Rede geht auf „die Entwicklung der Lehre an der Pariser Rechtsfakultät im 19. Jahrhundert“ ein und schließt auf die Perspektiven einer erhofften Zukunft für die Institution : „Unsere geschätzte Fakultät möge ihre Entwicklung fortsetzen, und während dieses zwanzigsten Jahrhunderts, das vielleicht eine Epoche gewaltsamer Kämpfe sein wird, möge sie durch die unerschütterliche Festigkeit ihrer Lehren einer der bevollmächtigtsten Vertreter der Rechtswissenschaft gegen den Missbrauch von Gewalt bleiben. Dass Frankreich seine Mission erfüllt, indem es sich vom modernen Geist inspirieren lässt, ohne seine Vergangenheit zu verleugnen, was seine Größe ausmacht ; dass es durch seinen Patriotismus,pour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

„Die Deutschen, diese Barbaren“ : Ein Blick auf die Meinung einiger Juristen

Der Gegenstand dieser Artikel wird der Diskurs einiger Juristen sein, die während des Ersten Weltkriegs einen Deutschland-feindlichen Diskurs verbreitet haben, deren Hauptargument lautete, dass die Deutschen barbarisch seien. Es soll nicht behauptet werden, dass dies bei weitem bei allen Juristen der Fall war. Aber unter diesen Professoren, Anwälten, Richtern entfernen sich einige durchaus von einer juristischen Analyse, um in den moralischen Bann zu fallen. Auch ist damit nicht gesagt, dass es sich damals um eine Besonderheit der Juristen handelt. Im Gegenteil, man findet in vielen Schriften von Historikern, Philosophen und Soziologen die Vorstellung, daß der deutsche Feind wild und grausam sei. Aber gerade die Rechtsexperten gehören nicht wirklich zu den sogenannten „engagierten Intellektuellen“, die mit ihrer Feder Kriegsanstrengungen unternehmen. Und doch überschreiten Juristen manchmal diepour lire la suite…

Die Neutralität hinterfragt

Die Neutralität hinterfragt

10 November 20222 March 2023 Des facultés sur le front du droitDie Neutralität hinterfragt „Die Deutschen, diese Barbaren“  : Ein Blick auf die Meinung einiger Juristen Der Gegenstand dieser Artikel wird der Diskurs einiger Juristen sein, die während des Ersten Weltkriegs einen Deutschland-feindlichen Diskurs verbreitet haben, deren Hauptargument lautete, dass die Deutschen barbarisch seien. Es soll nicht behauptet werden, dass dies bei weitem bei allen Juristen der Fall war. Aber unter diesen Professoren, Anwälten, Richtern entfernen sich einige durchaus von einer juristischen Analyse, um in den moralischen Bann zu fallen. Auch ist damit nicht gesagt, dass es sich damals um eine Besonderheit der Juristen handelt. Im Gegenteil, man findet in vielen Schriften von Historikern, Philosophen und Soziologen die Vorstellung, daß der deutsche Feind wild und grausampour lire la suite…

Fakultäten an der Front des Rechts

Mobilisierungen im Rechtskrieg

Als Institutionen im Ersten Weltkrieg tragen die juristischen Fakultäten stark zum Konflikt bei. Zum einen durch die Professoren, die Studenten und das Personal aus ihren Reihen, die an die Front geschickt werden, Zum anderen durch ihre Engagement auf die Ebene der Ideen. Als Aushängeschild dieses Engagements entwickeln die Dekane der Fakultäten einen mobilisierenden Diskurs vor ihren jungen Studenten. Das Recht wird als Waffe gegen den Feind verwendet. Es ist eine Antinomie des Krieges. Die Dekane sind nicht die einzigen, die die Fahne des Rechts tragen. Sie befinden sich in einem Umfeld, in dem sich die Rechtslehre auch mit dem Konflikt in seinen verschiedenen Dimensionen und Implikationen befasst. Propagandabemühungen oder diplomatische Verpflichtungen, juristische Kontroversen oder die Wahl von Dissertationsthemen sind alle Wege, auf denen Professoren undpour lire la suite…

Porträts von Professoren

Die juristische Fakultät in Löwen : Professoren im Krieg

Am Vorabend des Krieges im Jahr 1914 waren an der juristischen Fakultät in Löwen fünfzehn Lehrer im aktiven Dienst. Hinzu kommen zwei emeritierte Professoren. Ein Teil dieser Professoren übt neben der Lehrtätigkeit noch eine andere Tätigkeit aus. Ein Teil von ihnen ist in der Katholischen Partei engagiert und die Kumulierung mit der Ausübung eines politischen Mandats auf lokaler oder nationaler Ebene oder mit einem Ministeramt ist recht häufig. Der Krieg wirkt sich also in mehrfacher Hinsicht auf ihre Aktivitäten aus. Der Kriegseintritt und die Ereignisse im August 1914 trafen die Stadt Löwen besonders hart, und die Universität noch mehr. Am 2. August 1914 übermittelte Deutschland der belgischen Regierung ein Ultimatum. Weniger als achtundvierzig Stunden später wurden die ersten Häuser in der Nähe der deutschen Grenzepour lire la suite…

Porträts von Professoren

Ruhm und Erinnerungen des Louis Boulards (1877-1914)

Im Sommer 1914 scheint Louis Boulard alles erreicht zu haben, um in jeder Hinsicht glücklich zu sein. Er hat einen erfolgreichen studentischen Werdegang hinter sich. Nach seiner Promotion an der juristischen Fakultät von Paris im Jahr 1902, die mit einem Dissertationspreis ausgezeichnet wird, schreibt er sich in die Anwaltskammer ein, und hält parallel Vorlesungen an selbiger Fakultät. 1907 wird er zum stellvertretenden Professor für Rechtsgeschichte in Lille, um André Giffard in Lille zu vertreten, der zu einer Auswärtsmission entsandt wurde. Boulard stellt sich von Anfang an als hervorragender Pädagoge heraus. Davon zeugt den besonders lobende Bewertung des Dekans Pilon – der nicht gerade für seine Nachsicht bekannt ist – anlässlich des Endes des ersten Lehrjahr von Boulard in Lille. Er betont seine Gelehrsamkeit und seine Hingabepour lire la suite…