Der Erste Weltkrieg stellte für die juristische Fakultät in Paris einen Wendepunkt dar. Als wichtigste juristische Fakultät in Frankreich musste sie sich schnell mit einer außergewöhnlichen Situation auseinandersetzen, die sie eines Teils ihrer Studenten und Professoren beraubte. Unter dem Impuls des Dekans Ferdinand Larnaude, wurde die Fakultät in den Dienst des französischen Krieges gegen Deutschland gestellt, des intellektuellen Kampfes des Rechts gegen die Kraft, die sowohl Professoren als auch Studenten anzog. Die juristische Fakultät von Paris in den Krieg führen : die Veränderungen der Unterrichte Die Ankündigung der Kriegserklärung im August 1914 überraschte die Fakultät am Ende der Prüfungszeit und erschütterte den Beginn des akademischen Jahres 1914-1915. Die Zahl der Studenten sank während der gesamten Kriegszeit. Mehrere Professoren, die alt genug waren, um mobilisiert zu werden, wurden anpour lire la suite…
Tag: Paris
Rechtspropaganda und der Große Krieg : Das Beispiel der Rechts- und Politikwissenschaften von Ferdinand Larnaude (1915)
1915 reist die Weltausstellung vom Alten Kontinent in die Vereinigten Staaten ; es ist keine Premiere, da Philadelphia, Chicago und St. Louis diese Veranstaltung bereits zuvor veranstaltet hatten. Nach dem schrecklichen Erdbeben von 1906 wird die Stadt San Francisco ausgewählt, um die Aussteller aus den vierundzwanzig teilnehmenden Ländern zu empfangen ; zwischen März und Dezember 1915 empfängt sie etwa neunzehn Millionen Besucher. Wie üblich ist die Ausstellung um ein Hauptthema herum aufgebaut. Dieses Mal steht der Panamakanal im Mittelpunkt, der ein Jahr zuvor fertiggestellt und eingeweiht worden war : aus diesem Anlass wird die Ausstellung in „Panama-Pacific“ umbenannt. Der Kanal, dessen gigantische Bauarbeiten 1882 begonnen hatten, ermöglichte eine beispiellose Ausweitung des Seehandels und trug zur starken Entwicklung der amerikanischen Pazifikküste bei. Trotz der Zollstreitigkeiten zwischen Frankreich und denpour lire la suite…
Die Pariser Rechtsfakultät verurteilt die Verletzung des Völkerrechts durch Deutschland
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs prangerten die Professoren der Juristischen Fakultät in Paris die „Verletzung aller Grundsätze“ des Völkerrechts durch die Deutschen an, insbesondere die Verletzung der Neutralität Belgiens, die durch Verträge, die auch Preußen unterzeichnet hatte, garantiert war. Hatte nicht Bundeskanzler Bethmann-Hollweg, „Nachkomme eines der bekanntesten Rechtsprofessoren Deutschlands“ (Moritz Bethmann-Hollweg, einer der Schüler von Savigny), indes gesagt, dass „die Verträge nur Papierlappen sind“ ? An dieses “gottlose Wort” erinnerte der Dekan Larnaude in der Rede vor seinen Kollegen am 7. November 1914 am Vorabend der Wiederaufnahme der Vorlesungen. Dieser vom Patriotismus entflammte Text, der uns aus den Registern der juristischen Fakultät bekannt ist (AJ/16/1799, S. 103-106), ist im Wesentlichen den „Kriegsabläufen unserer barbarischen Feinde“ gewidmet. Ohne näher darauf einzugehen, was er unter der “Invasion der neuen Barbaren”, derpour lire la suite…
Die Reden des Dekans Larnaude
In der Ausgabe des Jahres 1900 der Revue internationale de l’enseignement (RIE – Internationalen Zeitschrift des Hochschullehre) wird eine Rede des Dekans Ernest Glasson (Dekanat 1899-1906) abgedruckt, die anlässlich der Preisverleihung der juristischen Fakultät gehalten wurde. Die Rede thematisiert „die Entwicklung der Lehre an der Pariser Rechtsfakultät im 19. Jahrhundert“ und schließt mit einem Ausblick auf die Perspektiven einer erhofften Zukunft für die Institution : „Möge unsere geschätzte Fakultät ihre Entwicklung fortsetzen, und während dieses zwanzigsten Jahrhunderts, das vielleicht eine Epoche gewaltsamer Kämpfe sein wird, möge sie durch die unerschütterliche Festigkeit ihrer Lehren eine der bevollmächtigsten Vertreterinnen der Rechtswissenschaft gegen den Missbrauch von Gewalt bleiben. Möge Frankreich seine Mission erfüllen, indem es sich vom modernen Geist inspirieren lässt, ohne seine Vergangenheit zu verleugnen, was seine Größe ausmacht ; dass es durchpour lire la suite…
Die amerikanische Mission von Professor Geouffre de La Pradelle (1914-1917)
Die Verletzung der Neutralität der belgischen und luxemburgischen Staaten, die von Deutschland in den ersten Augusttagen 1914 begangen wird, hat stark dazu beigetragen, eine Darstellung des Konflikts zu zeigen, in dem Frankreich und seine Verbündeten es leicht hatten, sich als tugendhafte Verteidiger des von der deutschen Barbarei bedrohten Rechts darzustellen. Diese Verletzung hatte aber auch den paradoxen Effekt, die neutralen Länder, die sich als solche eben weigerten, in den Konflikt militärisch einzutreten, in dessen Mittelpunkt zu rücken. Der Status der Neutralität, den die zwei Staaten genießen, ins durch völkerrechtliche Verträge anerkannt und geschützt, die Deutschland selbst ratifiziert hat. Die Missachtung dieser Verträge seitens des Bundeskanzlers Bethmann-Hollweg, der sie als bloße „Papierlappen“ ansah, stellte eine radikale Infragestellung des Völkerrechts – der damals in seinen Anfängen istpour lire la suite…
Louis Renault und die Legitimierung des Völkerrechts in Frankreich
Louis Renault wird 1843 als Sohn eines Buchhändlers geboren. Er studiert Jura in Paris und schließt 1861 sein Studium ab. Er wird Professor für römisches Recht und Handelsrecht an der Universität Dijon (letzteres Gebiet ist auch die Spezialität seines Kollegen Charles Lyon-Caen, der ebenfalls 1843 geboren wurde und mit dem er ein Buch verfasste). Parallel dazu vertritt er Charles Giraud für eine Völkerrechtsvorlesung an der Pariser Fakultät, bevor er schließlich 1888 dessen Nachfolge antritt. Er lehrt auch an der neuen École libre des sciences politiques (Freie Schule für Politikwissenschaft), an der viele französische Internationalisten lehren oder studieren. Ab 1890 wird er Rechtsberater des Außenministeriums und ist Vertreter von Frankreich bei den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907. Ab 1882 ist er Mitglied des Instituts fürpour lire la suite…
Die Bibliothek der juristischen Fakultät von Paris im Ersten Weltkrieg
Anfang August 1914, als der Krieg ausbrach, war die Bibliothek der Pariser Rechtsfakultät eine gut funktionierende und ständig wachsende Institution (zum Vergleich : siehe den Artikel über die Bibliothek von Toulouse). Ihre Entwicklung begann achtunddreißig Jahre zuvor, ab 1876, mit der Ernennung ihres ersten professionellen Bibliothekars, Paul Viollet, zum Leiter der Bibliothek. Diese Ernennung war Ausdruck des Willens, die Bibliothek aus ihrem embryonalen Zustand herauszuführen, und ging mit architektonischen Bauten, einer Erhöhung des Budgets und einer Vergrößerung des Personalbestands einher. So wuchs die Bibliothek zwischen 1876 und 1914 unter dem Impuls und der Leitung Viollets von 20 auf fast 300 Sitzplätze, von 15.000 auf 112.000 Werke, von einigen Dutzend auf etwa 600 Zeitschriftenabonnements, von zwei auf zehn Mitarbeiter, mit Lesesälen und Aufbewahrungsmagazinen, die in zwei Phasen zwischen 1876 und 1878 und zwischenpour lire la suite…
Der Alltag der juristischen Fakultät von Paris im Ersten Weltkrieg
„Wie im Familienleben gibt es im Leben einer Fakultät Momente, die sich wiederholen, fast immer dieselben. Sie sind die zahlreichsten und notwendigsten. Manchmal gibt es auch neue Ereignisse, die eine kleine oder große Veränderung in ihrer Organisation und Funktionsweise bewirken. Auch sie sind notwendig, aber sie dürfen nicht allzu oft vorkommen, da sie sonst zu viel Instabilität in eine Existenz bringen, deren Kontinuität und Regelmäßigkeit gewissermaßen das Grundgesetz sind. Das Leben einer Institution, wie das einer Familie, bringt schließlich glückliche und auch unglückliche Ereignisse mit sich. Wäre es ohne sie denn wirklich Leben ?“ Diese Bemerkungen stammen vom Dekan Ferdinand Larnaude, der sie im Jahresbericht der Hochschuleinrichtungen der Pariser Akademie (Juristische Fakultät) festhält. Als Larnaude, der seit dem 1. November 1913 Dekan ist, diese Zeilen verfasst, sind diepour lire la suite…
Die juristischen Fakultäten von Toulouse und Paris : Zwischen Konkurrenz und gemeinsame Schicksal
Paris und Toulouse sind die beiden größten juristischen Fakultäten Frankreichs. Über das ganze 19. Jahrhundert sind diese Dominierend für die akademische Landschaft Frankreichs, insbesondere in Hinsicht auf ihre Attraktivität, auf die Studentenanzahl sowie die Anzahl an verliehenen Diplomen. Zusammen mit den anderen von Napoleon gegründeten juristischen Fakultäten (insgesamt ein Dutzend im Inland), teilen Sie das gleiche Ziel der Professionalisierung : Durch die Organisierung von Prüfungen sollen sie die notwendigen Titel für den Zugang zu den juristischen und gerichtlichen Berufen (Richter, Anwälte, Lehrer usw.) unter den Kindern der privilegierten Klassen zugänglich gemacht werden. In allen Fakultäten wird der Schwerpunkt auf die Lehre von Zivilrecht, römisches Recht und Verfahrensrecht gelegt. Andere Rechtszweige werden in diesem Rahmen kaum oder nur selten (Verwaltungsrecht, Handelsrecht oder Rechtsgeschichte) gelehrt. Zeitgenossen, unter anderempour lire la suite…