Pierre Marie Nicolas Léon Duguit wurde am 4. Februar 1859 in Libourne in der Gironde geboren. Als hervorragender Student sowohl in der Sekundarstufe als auch an der Universität, erhielt er im Alter von 22 Jahren den Doktortitel. Dank einer Altersbefreiung erlangte er im folgenden Jahr die Agrégation (Lehrbefähigung). Er wurde Professor für Rechtsgeschichte in Caen, bevor er im November 1886 nach Bordeaux zurückkehrte, wo er den Soziologen Émile Durkheim kennenlernte, der sein juristisches Denken stark beeinflusste. Parallel zu seiner Lehrtätigkeit engagierte sich Duguit in der Politik. Er berief sich auf die „solidaristische“ Strömung von Léon Bourgeois, die in Bordeaux von Durkheim vertreten wurde. Nach Duguit hat der Jurist eine soziale Rolle : Er soll den Gesetzgeber auf der Grundlage seiner Kenntnis der sozialen Gesetzmäßigkeiten orientieren. In diesem Sinne trat erpour lire la suite…
Category: Die Neutralität hinterfragt
Die Wahrnehmung der deutschen Wissenschaft an der Universität von Bordeaux während des Ersten Weltkriegs
Am 8. Dezember 1870 empfing Bordeaux, eine Provinzstadt abseits der Kämpfe zwischen Frankreich und den deutschen Mächten, die Regierungsdelegation für zwei Monate in ihren Mauern. Die große Distanz zu der Front war von Vorteil, sowie die guten Beziehungen zu England, die es Bordeaux ermöglichten, benötigtes Kriegsmaterial zu beschaffen. In dieser Zeit öffnete die juristische Fakultät von Bordeaux – die „große Vergessene‟ der napoleonischen Reichsuniversität – wieder ihre Räumlichkeiten nach fast einem Jahrhundert völligen Leerstands von 1792 bis 1870, obwohl die Anwaltskammer von Bordeaux wiederholt um ihre Wiedereröffnung gebeten hatte. Sie nimmt ihre Aufgaben jedoch erst Mitte 1871, also lange nach dem Abzug der Regierung, wirklich wahr. Der Krieg von 1870 entwickelte sich für Frankreich schnell zu einer schweren Niederlage. Im Gegensatz dazu ging das von Preußen dominierte Zweite Reichpour lire la suite…
Die Reden des Dekans Maurice Hauriou (1914-1919)
Am Samstag, dem 18. Juli 1914, zwanzig Tage nach der Ermordung des Erzherzogs François-Ferdinand, endete an der juristischen Fakultät von Toulouse das akademische Jahr. An diesem Nachmittag wird der Fakultätsrat vom Dekan Maurice Hauriou (1856-1929) geleitet. Innerhalb von dreißig Minuten werden die Kandidaturen für den offenen Lehrstuhl des römischen Rechts sowie die Verteilung der Einnahmen aus den fakultativen Vorträgen diskutiert. Die Fakultätsversammlung trifft sich dann, um die Preise des Jahresend-Wettbewerbs, der freien Kurse und die Maurice-Garrigou-Stiftung zu vergeben. Noch können Studenten und Lehrer ein paar ruhige Tage genießen, bevor sie im Tumult des Krieges mitgerissen werden. Am Mittwoch, den 25. November 1914, ist der europäische Konflikt in den Debatten der Fakultätsorgane spürbar. Die Versammlung behandelt die Fragen der ergänzenden Kurse und der zeitweisen Aufhebung der Einschreibegebühren sowie den Vorschlagpour lire la suite…
Die Reden des Dekans Larnaude
In der Ausgabe des Jahres 1900 der Revue internationale de l’enseignement (RIE – Internationalen Zeitschrift des Hochschullehre) wird eine Rede des Dekans Ernest Glasson (Dekanat 1899-1906) abgedruckt, die anlässlich der Preisverleihung der juristischen Fakultät gehalten wurde. Die Rede thematisiert „die Entwicklung der Lehre an der Pariser Rechtsfakultät im 19. Jahrhundert“ und schließt mit einem Ausblick auf die Perspektiven einer erhofften Zukunft für die Institution : „Möge unsere geschätzte Fakultät ihre Entwicklung fortsetzen, und während dieses zwanzigsten Jahrhunderts, das vielleicht eine Epoche gewaltsamer Kämpfe sein wird, möge sie durch die unerschütterliche Festigkeit ihrer Lehren eine der bevollmächtigsten Vertreterinnen der Rechtswissenschaft gegen den Missbrauch von Gewalt bleiben. Möge Frankreich seine Mission erfüllen, indem es sich vom modernen Geist inspirieren lässt, ohne seine Vergangenheit zu verleugnen, was seine Größe ausmacht ; dass es durchpour lire la suite…
„Die Deutschen, diese Barbaren“ : Ein Blick auf die Meinung einiger Juristen
Dieser Artikel beleuchtet die Position einiger Juristen, die während des Ersten Weltkriegs einen antideutschen Diskurs verbreiteten, wobei ihr Hauptargument lautete, dass die Deutschen barbarisch seien. Es soll jedoch nicht behauptet werden, dass dies die Haltung aller Juristen war. Dennoch entfernen sich einige Professoren, Anwälte und Richter in ihren Äußerungen deutlich von einer rein juristischen Analyse, und lassen sich von moralischen Erwägungen leiten. Dies ist allerdings nicht als ein spezifisches Merkmal der Juristen zu verstehen. Im Gegenteil, auch in den Schriften von Historikern, Philosophen und Soziologen jener Zeit findent sich oft die Vorstellung, der deutsche Feind sei wild und grausam. Juristen gehörten jedoch nicht typischerweise zu den sogenannten „engagierten Intellektuellen“, die ihre Feder zugunsten der Kriegsanstrengungen einsetzten. Dennoch überschreiten auch Juristen bisweilen die Grenzen dessen, waspour lire la suite…
Die Neutralität hinterfragt
10 November 20222 March 2023 Des facultés sur le front du droitDie Neutralität hinterfragt „Die Deutschen, diese Barbaren“ : Ein Blick auf die Meinung einiger Juristen Der Gegenstand dieser Artikel wird der Diskurs einiger Juristen sein, die während des Ersten Weltkriegs einen Deutschland-feindlichen Diskurs verbreitet haben, deren Hauptargument lautete, dass die Deutschen barbarisch seien. Es soll nicht behauptet werden, dass dies bei weitem bei allen Juristen der Fall war. Aber unter diesen Professoren, Anwälten, Richtern entfernen sich einige durchaus von einer juristischen Analyse, um in den moralischen Bann zu fallen. Auch ist damit nicht gesagt, dass es sich damals um eine Besonderheit der Juristen handelt. Im Gegenteil, man findet in vielen Schriften von Historikern, Philosophen und Soziologen die Vorstellung, daß der deutsche Feind wild und grausampour lire la suite…