Als der Krieg ausbricht neigt sich die Karriere von Jules Jacquey seinem Ende zu. Er war 1885 aufgrund seines Erfolges bei der Aggregation nach Lille berufen worden. Diese Verankerung ist für einen Einheimischen aus einer anderen Region, in diesem Fall der Haute-Saône, eher selten. Zweifellos ist darin der Einfluss seiner Ehe zu sehen, die 1885 in Bergues gefeiert wurde, da die Braut aus einer in Flandern verwurzelten Familie stammt. In diesem Spätsommer 1914, wählen zahlreiche Juristen – Richter, Anwälte und Professoren – den Weg des Exodus, erschreckt von den Gerüchten der Barbarei, die von den aus Belgien kommenden Geflüchteten verbreitet wurden. Im Oktober blieben nur vier der sechzehn Lehrer der juristischen Fakultät in Lille oder kehrten dorthin zurück : Paul Collinet, Charles Mouchet, Louis Vallas und Jules Jacquey. Ihrpour lire la suite…
Category: Der Krieg der Juristen
Überlegungen eines Rechtsprofessors aus Bordeaux zur Meinungsfreiheit : Duguit und die Pressezensur während des Krieges von 1914-1918
Die Propaganda nimmt in der Geschichte des Ersten Weltkriegs aufgrund ihres zugleich totalen und spektakulären Charakters einen besonderen Platz ein. Noch heute gibt es kaum ein Schulbuch, das die Jahre 1914-1918 behandelt, ohne den Ausdruck „bourrage de crâne‟ zu erwähnen, der den einhelligen und allgegenwärtigen Medienton zu Beginn des Konflikts beschreibt, der das Heldentum und die nationalen Stärken hervorhebt und gleichzeitig den deutschen Feind dämonisiert – oder sogar lächerlich macht. Die größte Herausforderung bestand darin, die Bürger von der Richtigkeit und Berechtigung des Krieges zu überzeugen. Die Zensur, die negative und ergänzende Seite der Propaganda, erweist sich ebenso als eine totale Institution. Die Kontrolle der Zensur erstreckt sich auf alle politischen Akteure (Regierungsmitglieder, politische Parteien), auf die gesamte schriftliche Produktion (Presse und Verlagswesen) sowie aufpour lire la suite…
Rechtspropaganda und der Große Krieg : Das Beispiel der Rechts- und Politikwissenschaften von Ferdinand Larnaude (1915)
1915 reist die Weltausstellung vom Alten Kontinent in die Vereinigten Staaten ; es ist keine Premiere, da Philadelphia, Chicago und St. Louis diese Veranstaltung bereits zuvor veranstaltet hatten. Nach dem schrecklichen Erdbeben von 1906 wird die Stadt San Francisco ausgewählt, um die Aussteller aus den vierundzwanzig teilnehmenden Ländern zu empfangen ; zwischen März und Dezember 1915 empfängt sie etwa neunzehn Millionen Besucher. Wie üblich ist die Ausstellung um ein Hauptthema herum aufgebaut. Dieses Mal steht der Panamakanal im Mittelpunkt, der ein Jahr zuvor fertiggestellt und eingeweiht worden war : aus diesem Anlass wird die Ausstellung in „Panama-Pacific“ umbenannt. Der Kanal, dessen gigantische Bauarbeiten 1882 begonnen hatten, ermöglichte eine beispiellose Ausweitung des Seehandels und trug zur starken Entwicklung der amerikanischen Pazifikküste bei. Trotz der Zollstreitigkeiten zwischen Frankreich und denpour lire la suite…
Über die Nutzung des Krieges in der Kontroverse des öffentlichen Rechts
Die doktrinellen Stellungnahmen der Juristen werden direkt durch den Konflikt beeinflusst. Dabei wirkt eine doppelte Lektüre des Rechtsdenkens : zum einen durch den Krieg, der den radikalen Gegensatz zwischen der französischen und der deutschen Rechts- und Staatslehre neu entdeckt und herborhebt, zum anderen wird der Krieg genutzt, um bestimmte Strömungen zu kategorisieren und zu marginalisieren, die manchmal aufgrund einer vermuteten Verwandtschaft mit der deutschen Doktrin diskreditiert werden. In diesem Kontext werden die bestehenden Spaltungen neu interpretiert, indem die Leidenschaften und Emotionen, die durch den Konflikt hervorgerufen werden, genutzt werden. Auf der ersten Ebene wird die Rechtslehre eindeutig im Dienste des nationalen Sieges instrumentalisiert. Auf einer zweiten Ebene hingegen wird der Kriegskontext geschickt genutzt, um entweder eine doktrinäre Opposition zu bestätigen oder eine theoretische, wenn nicht sogar politische Positionierung zu fördern.pour lire la suite…
Die Pariser Rechtsfakultät verurteilt die Verletzung des Völkerrechts durch Deutschland
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs prangerten die Professoren der Juristischen Fakultät in Paris die „Verletzung aller Grundsätze“ des Völkerrechts durch die Deutschen an, insbesondere die Verletzung der Neutralität Belgiens, die durch Verträge, die auch Preußen unterzeichnet hatte, garantiert war. Hatte nicht Bundeskanzler Bethmann-Hollweg, „Nachkomme eines der bekanntesten Rechtsprofessoren Deutschlands“ (Moritz Bethmann-Hollweg, einer der Schüler von Savigny), indes gesagt, dass „die Verträge nur Papierlappen sind“ ? An dieses “gottlose Wort” erinnerte der Dekan Larnaude in der Rede vor seinen Kollegen am 7. November 1914 am Vorabend der Wiederaufnahme der Vorlesungen. Dieser vom Patriotismus entflammte Text, der uns aus den Registern der juristischen Fakultät bekannt ist (AJ/16/1799, S. 103-106), ist im Wesentlichen den „Kriegsabläufen unserer barbarischen Feinde“ gewidmet. Ohne näher darauf einzugehen, was er unter der “Invasion der neuen Barbaren”, derpour lire la suite…
Der Krieg der Juristen
10 November 202210 November 2022 Des facultés sur le front du droitDer Krieg der Juristen Die Pariser Rechtsfakultät verurteilt die Verletzung des Völkerrechts durch Deutschland Zu Beginn des Ersten Weltkriegs prangerten die Professoren der Juristischen Fakultät in Paris die „Verletzung aller Grundsätze“ des Völkerrechts durch die Deutschen an, insbesondere die Verletzung der Neutralität Belgiens, die durch Verträgen, die auch Preußen unterzeichnet hatte, garantiert war. Hatte nicht Bundeskanzler Bethmann-Hollweg, „Nachkomme eines der bekanntesten Rechtsprofessoren Deutschlands“ (Moritz Bethmann-Hollweg, einer der Schüler von Savigny), indes gesagt, dass „die Verträge nur Papierlappen sind“ ? An dieses “gottlose Wort” erinnerte der Dekan Larnaude in der Rede vor seinen Kollegen am 7. November 1914 am Vorabend der Wiederaufnahme der Vorlesungen. Dieser vom Patriotismus entflammte Text, der uns aus den Registern der juristischen Fakultät bekanntpour lire la suite…